Am Freitag, 28. Juni 2013 findet der vierte WM-Lauf der Saision statt und unsere Freunde Adolf und Pekka werden versuchen, Ihren WM-Vorsprung von 9 Punketen wenn möglich noch auszubauen.

Gleichentags hat die Zeitung 20.  Minuten auf ihrem Portal einen Artikel augschaltet, denn ich an dieser Stelle sehr gerne wiedergebe. Der Titel des Artikels lautet:

 

 

Das weibliche Gespann aus der Schweiz

Artikel im 20 Minuten / 28. Juni 2013

 

 

 

 

 

Redaktor dieses Artikels ist Klaus Zaugg, der nebst den beiden Damen im Sidecar – Sophia Kirchhofer & Anna Burkhard – auch die Vergangenheit dieser Sportart deutlich umschreibt. Kurz umschrieben erläutert er: „Früher waren die Gespannfahrer die grössten Helden und heute haben Sie glück, wenn Sie am gleichen Wochenende mit der übrigen Kategorien der Motorrad-WM mitfahren dürfen.“ In Assen (NL) sind sie auch dabei, aber der offizielle WM Lauf ist auf den Freitag Abend angesetzt.

Eigentlich ist die Entwicklung tragisch, aber um so schöner ist die Tatsache, dass sich nebst Adolf Hänni – in seiner 31. Saison – auch noch immer junge Sportler für diese Sportart interessieren.

 

Hier die Abschrift des Artikels von Klaus Zaugg:               oder als PDF:   www.20min.ch – Kirchhofer-Burkhard

 

von Klaus Zaugg, AssenDie Aargauerinnen Sophia Kirchhofer und Anna Burkhard sind das erste weibliche Seitenwagen-Duo der Rennsport-Weltgeschichte. Aber in Assen dürfen sie nicht am Rennen teilnehmen.

Über dem Eingang zum Renngelände prangt die prahlerische Aufschrift: «The Cathedral of Speed». Jedes Jahr kommen übers letzte Juni-Wochenende mehr als 100’000 Menschen nach Nordholland, um in Assen dem berühmtesten Töffrennen der Welt beizuwohnen.

Rolf Biland ist einer der Grössten aller Zeiten. Sein Name wird hier in Assen auch 16 Jahre nach seinem Rücktritt noch immer mit grösster Ehrfurcht ausgesprochen. Er ist mit 7 WM-Titeln und 81 GP-Siegen (davon 9 in Assen) einer der Grössten aller Zeiten. Nach seinen epischen Duellen in Assen mit dem holländischen Blondbart Egbert Streuer erhoben sich für die Ehrenrunde mehr als 100’000 Zuschauer und applaudierten. Nirgendwo war der Gespann-Rennsport populärer als hier.

Seit 1993 gibt es kein Preisgeld mehr

Nach Rolf Bilands Rücktritt (1997) sind die Seitenwagen-Helden nach und nach aus dem GP-Zirkus verbannt worden. Heute fahren sie ihre Rennen im Rahmen von nationalen Meisterschafts-Veranstaltungen oder von Superbike-Events und dürfen nur noch zweimal pro Jahr am Rande eines GP auftreten. In Assen und in zwei Wochen beim GP von Deutschland. Das Fahrerlager der GP-Stars dürfen sie nicht mehr betreten. Sie lagern ausserhalb der Rennstrecke auf einem Parkplatz. Wie Fahrende. Von hier aus tuckern sie mit ihren Reitwagen die paar hundert Meter zur Box und zur Rennbahn rüber und nach den Trainings sofort wieder zurück.

Vor 20 Jahren war so ein Szenario unvorstellbar. Rolf Biland, Egbert Steuer oder Steve Webster waren Stars mit Charisma. Populär wie die Titanen der Soloklassen. In einem guten Jahr machte Rolf Biland die besseren Werbeverträge als die Weltmeister der Königsklasse, die Vorgänger von Valentino Rossi. Heute verdienen die Gespann-Fahrer nichts mehr. Schon seit 1993 ist das Preisgeld gestrichen. Längst gilt die Regel aus den Urzeiten des Motosports: Es gibt nur noch Kränze. Für die Sieger. Und die Toten.

Chefköchin und Sekretärin

Aber noch etwas anderes war vor 20 Jahren jenseits jeder Vorstellungskraft: Dass Frauen einmal das Erbe von Rolf Biland antreten könnten. Doch so ist es gekommen. Das Undenkbare ist Wirklichkeit: Heute verwalten eine Chefköchin aus einem Altersheim und eine Sekretärin aus einem Architekturbüro dieses ruhmreiche Erbe. Die tapferen Aargauerinnen Sophia Kirchhofer (32) und Anna Burkhard (44). Das erste weibliche WM-Gespann der Geschichte (seit 1949). Das ist beinahe so exotisch wie zwei Frauen im Schlussgang des Eidgenössischen Schwingfestes.

Mitfahrerinnen hat es im Gespannrennsport schon viele gegeben. Die berühmteste Asphalt-Amazone ist wohl Dane Rowe, die schöne Beifahrerin des legendären Schweizer Piloten und Konstrukteurs Rudi Kurth in den 1970er. Aber noch nie gab es auf WM-Niveau eine Gespann-Pilotin und schon gar nicht ein weibliches Gespann.

Der Motorradrennsport ist eine der extremsten Macho-Welten überhaupt. Adolf Hänni (58), Schweizer Kult-Passagier, mehrfacher Weltmeister und jetzt in seiner 31. WM-Saison als Beifahrer von Pekka Paivarinta, sagt es gegenüber 20 Minuten offen und ehrlich: «Sollten uns die beide Ladies einmal überholen, dann springe ich auf der Stelle aus dem Seitenwagen und beende meine Karriere.» Er redet nicht nur so. Er meint es auch so. Nach 31 Jahren von Frauen überholt zu werden – das kann nicht sein.

Hier in Assen muss Adolf Hänni nicht aus dem Seitenwagen springen. Die tapferen Töff-Ladies haben im Training unter extremen Bedingungen (nur je zwei Trainings à 20 Minuten) die Qualifikation fürs Rennen verpasst. Weil sie mehr als 115 Prozent auf die Bestzeit verloren haben.

Im ersten WM-Lauf gab es Punkte

Im Herbst 2010 haben Sophia Kirchhofer und Anna Burkhard angefangen. Jetzt blochen sie schon auf höchstem Niveau und an diesem Wochenende in Assen erstmals im Rahmen eines Töff-GP. Bereits beim ersten WM-Lauf erreichten sie Rang 14 und holten zwei WM-Punkte. Hier in Assen aber haben sie die Qualifikation fürs Rennen nicht geschafft. Da war viel, viel Pech dabei. Beim ersten Training war der Benzinfilter verstopft und so reichte es im zweiten Training nur noch für sieben Runden auf einer Strecke, auf der sie noch nie gefahren sind. Da war auch Mechanikerin Stefanie Inhelder machtlos.

Jörg Hättenschwiler, der als technischer Berater ein wenig aushilft, spricht trotz der Panne mit grossem Respekt über das technische Verständnis der Seitenwagen-Ladies. «Das war wirklich Pech. Die Maschine war sorgfältig vorbereitet worden.» Trotzdem gilt es nun unverrichteter Dinge heimzukehren. Etwas mehr als 700 Kilometer hin und 700 Kilometer zurück. Ausser Spesen nichts gewesen. Aber in zwei Wochen folgt das nächste Rennen auf dem Sachsenring. Neues Abenteuer, neues Glück.

Wie kommen eigentlich Frauen dazu, mit fast 300 km/h volle Kanone Zentimeter über dem Asphalt Runden zu blochen? Anna Burkard, Chefköchin im Altersheim Döttingen, war früher Teamköchin im Team ihres damaligen Freunds Peter Schröder. Irgendwann folgte dann der Gump als «Plampi» in den Seitenwagen. 2004 wurde das damalige Paar Schweizer Meister.

Geld für Reifen ist knapp

Sophia Kirchhofer hat über das Hobby ihres Vaters (Oldimter-Rennen) Zugang zur motorisierten Welt gefunden. Sie ist zur Zeit nicht nur die einzige Seitenwagen-Pilotin auf WM-Niveau. Sie ist auch die einzige, die ein so genanntes langes, echtes LCR-Gespann beherrscht. Auf dem gleichen Modell raste einst Rolf Biland zu Weltruhm. Die übrigen Gespann-Ladies fahren lediglich die kurzen, viel einfacher zu steuernden und zu kontrollierenden Höllenmaschinen.

Weil das Geld knapp ist, können sich die rasenden Amazonen nicht für jedes Training und jedes Rennen neue Reifen leisten. Sie versuchen schonend zu fahren, sagt Sophie Kirchhofer. Das Hinterrad nicht durchdrehen lassen, sanft steuern. «Und spät bremsen», ergänzt sie lachend.

Wer weiss, vielleicht gelingt es ihr ja doch einmal, Pekka Paivarinta, den Chauffeur von Adolf Hänni auszubremsen. Dann muss Adolf, wenn er nicht einfach ein Maulheld sein will, vom Gespann springen.

 

 

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